Transkranielle Gleichstromstimulation, transkranielle Magnetstimulation, transkranielle temporale Interferenz und gezielte Ultraschalltherapie sind vielversprechende Methoden für die neurowissenschaftliche Forschung. Sie erlauben die gezielte Stimulation selbst tiefliegender Gehirnareale und können prospektiv auch Anwendung in der Medizin finden. Wir freuen uns daher sehr, Vuk Marković (A06) im Rahmen der Schatzkisten-Förderung die Möglichkeit zu geben sein Wissen zu den Methoden zu vertiefen. In Zukunft kann der gesamte SFB 1280 vom neuen Experten in seinen Reihen profitieren. Vuk beschreibt die Relevanz der Methoden wie folgt:
In den letzten Jahrzehnten haben nicht-invasive Hirnstimulationsmethoden (z.B. transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) (Nitsche & Paulus, 2000) und transkranielle Magnetstimulation (TMS) (Barker et al., 1985)) als vielversprechende Wege zur Untersuchung von Hirnfunktionen und den ihnen zugrunde liegenden Prozessen an Bedeutung gewonnen. Die Möglichkeit, Prozesse im Gehirn kausal zu beeinflussen, ohne Gewebe zu schädigen, und Veränderungen in der neuronalen Aktivität der Versuchspersonen während experimenteller Aufgaben zu beobachten, eröffnete ein enormes Feld von Möglichkeiten zur Beantwortung zahlreicher Forschungsfragen. Darüber hinaus hat sich die klinische Anwendung dieser Methoden etabliert, und die Entwürfe für neue Behandlungsprotokolle werden derzeit in Forschungseinrichtungen weltweit entwickelt.
Andererseits haben die genannten Methoden auch ihre Grenzen und Herausforderungen. Die meisten Herausforderungen stehen im Zusammenhang mit der Fokalität der Stimulation (d. h. wie wirkt sich die Stimulation auf den gewünschten Bereich, aber auch auf benachbarte und entfernte Bereiche aus) und der Eindringtiefe (d. h. wie tief kann die Stimulation das Hirngewebe erreichen). So deuten beispielsweise Modellierungsdaten darauf hin, dass die tDCS bei der Stimulierung eines Bereichs nicht homogene Auswirkungen haben könnte, wenn die Geometrie der Gyri und Sulci berücksichtigt wird (Datta et al., 2009). Darüber hinaus tragen anatomische Merkmale wie die Dicke des Liquors und des Schädels, die gyrale Tiefe und der Abstand zur Anode und Kathode jedes Teilnehmers zu Variationen der Stromverteilung bei (Opitz et al., 2015). Darüber hinaus kann die tDCS nicht nur auf das betreffende Gebiet beschränkt sein, sondern auch die funktionelle Konnektivität zwischen weit entfernten, aber funktionell verbundenen Hirnregionen modulieren (Polania et al., 2011). TMS birgt ähnliche Herausforderungen. So liegt die Fokalität der am häufigsten verwendeten Achter-TMS-Spule bei etwa 5 cm2 (Deng et al., 2013), und es besteht im Allgemeinen ein Kompromiss zwischen der Stimulationstiefe und der Fokalität der Effekte, der es schwierig macht, tiefere Hirnregionen zu aktivieren, ohne oberflächlichere Regionen stärker zu beeinflussen (Chen et al., 2019). Daher sind TMS und tDCS im Allgemeinen darauf beschränkt, oberflächliche kortikale Regionen zu aktivieren, da ihre Wirksamkeit mit der Tiefe exponentiell abnimmt (Lee et al., 2022).
Da der menschliche Geist nicht aufhört, wenn es Hindernisse gibt, wurden neue Methoden entwickelt. So sind beispielsweise fokussierter Ultraschall (US) und transkranielle temporale Interferenzstimulation (TI) zwei Ansätze, die zur Überwindung der derzeitigen Einschränkungen eingesetzt werden könnten.
Neben der Anwendung in der klinischen Diagnostik kann Ultraschall (US) zur sicheren Modulation der Hirnaktivität durch die Anwendung von Schallwellen mit charakteristischen Eigenschaften von Wellenlänge, Amplitude und Frequenz verwendet werden (Sarica et al., 2022; Dell’Italia et al., 2022). Darüber hinaus verfügt sie über überlegene Eigenschaften hinsichtlich der Fokussierung und Tiefe der Stimulation. So kann fokussierter US mit einer Auflösung von wenigen Millimetern im Durchmesser auf das Hirngewebe gerichtet werden, bis zu 15 Zentimeter in das Gehirn eindringen und seine Wirkung kann 10-40 Minuten nach der Stimulation anhalten (Bystritsky et al., 2011). Daher hat diese Methode das Potenzial, subkortikale Strukturen mit hoher Präzision zu modulieren (z. B. Chain et al., 2021). Da es sich bei der US-Energie um mechanische und nicht um elektromagnetische Energie handelt, könnte die US-Methode gleichzeitig mit der fMRT für die relativ unkomplizierte Kartierung des Gehirns verwendet werden (Bystritsky et al., 2011).
Die transkranielle elektrische Interferenzstimulation ist eine weitere innovative, nicht invasive Hirnstimulationsmethode, die tiefe Hirnstrukturen neuromodulieren und gleichzeitig die Auswirkungen auf darüber liegende kortikale Bereiche minimieren könnte (Grossman et al., 2017). So zeigte die TI-Stimulation im Vergleich zur transkraniellen Wechselstromstimulation eine fokussiertere Wirkung (die interessierenden Regionen waren der linke Hippocampus, der linke motorische Bereich und der Thalamus), indem die Ko-Stimulation in kortikalen Bereichen in der Nähe der Stimulationselektroden erheblich reduziert wurde (von Conta et al., 2021). Darüber hinaus zeigte eine andere Studie, dass die TI-Stimulation das motorische Lernen beeinträchtigen kann, wenn das Striatum gezielt stimuliert wurde (Wessel et al., 2021).
Der SFB 180 hat ein Budget zur Realisierung eigener Forschungsideen seiner Nachwuchswissenschaftler eingerichtet. Mit der „Schatzkiste“ finanzieren wir überzeugende und eigenständige Studienkonzepte unserer Early Career Researcher.